Dosen leben länger, länger, länger ...

Dosen leben länger

Schluss mit Vorurteilen: Ein Interview rund um die Dose mit Herrn Stephan Rösgen, Geschäftsführer Forum Getränkedose, bringt Klarheit.

Sie ist zurück, die Getränkedose. War sie nach der Einführung des Pfandsystems im Jahr 2003 fast verschwunden, wurden im vergangenen Jahr deutschlandweit 3,51 Milliarden Dosen konsumiert. Im Vergleich zum Jahr 2017 ist das eine stattliche Zunahme von 23 Prozent! Woran liegt das starke Revival? Der BGVZ will es genau wissen. Antworten und alles Wissenswerte über die Dose präsentiert Stephan Rösgen, Geschäftsführer Forum Getränkedose.

Herr Rösgen, warum verschwand die Dose nach Einführung des Pfandsystems im Jahr 2003 und wie wurde sie wieder am Markt etabliert?

Mit der Novellierung der Verpackungsverordnung im Jahr 2003 wurde in Deutschland das Zwangspfand auf Einweggetränkeverpackungen eingeführt. In der ersten Phase dieses neuen Gesetzes war es so, dass es keinen funktionierenden Ausgleich der Pfandeinnahmen und -auszahlungen unter den Händlern gab. Das hieß: Die jeweiligen Betriebe konnten nicht feststellen, ob sie für das auszuzahlende Pfand überhaupt Pfand eingenommen hatten. So versuchten sie über die Gebindeform, -farbe oder ähnliche Merkmale sicherzustellen, dass sie nur die Pfänder auszahlten, die sie zuvor vereinnahmt hatten. Verschiedene Differenzierungsmerkmale, die für die Dose vorgeschlagen wurden, wurden leider vom Gesetzgeber als nicht ausreichend eingestuft. Das führte dazu, dass fast alle großen Handelsketten die Getränkedose aus dem Sortiment genommen haben. Der Absatz brach auf ca. 300 Millionen Stück in Deutschland ein.

Die Lage verbesserte sich mit der Neuregelung des Pfandsystems: Ein bundesweit einheitliches Rücknahmesystem, das insbesondere auch ein Clearing der Pfandkonten ermöglichte, wurde im Jahr 2006 eingeführt, was die Rücknahmeregelung für den Handel vereinfachte. Große Handelsketten nahmen die Getränkedose allmählich wieder in ihr Sortiment auf. Ab 2008 stieg der Getränkedosenabsatz langsam wieder an. Der Aufwärtstrend hält seitdem an. Im Jahr 2011 knackte die Getränkedose die Milliardenmarke. Grund ist, dass die Dose der Recyclingmeister unter den Verpackungen ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Verpackungen kann Metall aus gebrauchten Getränkedosen außerdem ohne Qualitätsverlust recycelt werden. Durch das geringe Gewicht ist sie zudem sehr klimafreundlich im Transport.

Herr Rösgen, wie sehr hat sich die Getränkedose seit der Ersteinführung in Deutschland im Jahr 1951 verändert, was zeichnet die moderne Dose aus?

Die heutige Getränkedose ist leicht, unzerbrechlich, einfach zu kühlen und dicht. Eine 0,33 Liter Aluminiumdose wiegt heute gerade mal 12 Gramm, im Jahr 1974 wog sie noch 38 Gramm, also mehr als das Dreifache. Als Verpackung ist sie gleichzeitig sehr kosteneffizient: Sie hat ein günstiges Gewichtsverhältnis von Inhalt und Verpackung – nur drei Prozent Verpackung bei 97 Prozent Produkt! Das ist auch gut für den Transport, denn ein LKW mit Getränkedosen transportiert im Schnitt die doppelte Menge an Flüssigkeiten gegenüber dem Transport von Flaschen. Die große Öffnung erlaubt zudem hohe Abfüllgeschwindigkeiten und bietet aufgrund der Stapelbarkeit und des geringen Gewichts eine optimale Volumeneffizienz bei der Lagerung ebenso wie bei der Distribution. Für den Handel bringt die Volumeneffizienz der Getränkedose Vorteile: Sie benötigt weniger Platz im Supermarktregal als andere Verpackungen und spart damit Kosten.

Herr Rösgen, Aluminiumdosen haben in Deutschland eine Recyclingquote von 99 Prozent, das erreicht weltweit kein anderes Material. Wie wurde das erreicht?

Die Getränkedose ist die Getränkeverpackung, die global am meisten recycelt wird. Mit einer Recyclingquote von 99 Prozent ist Deutschland auch weltweit Spitzenreiter; europaweit lag die Recyclingquote im Jahr 2017 bei 74,5 Prozent, was ebenfalls ein phantastischer Wert ist. Aluminium und Stahl sind wertvolle Rohstoffe und der Verbraucher ist immer umweltbewusster. Das erklärt, warum in der Regel jede gebrauchte Getränkedose eingesammelt wird und tatsächlich in den Recyclingprozess zurückgelangt und wiederverwertet wird. Außerdem hat die Metallindustrie über Jahre an der Ressourceneffizienz ihrer Produkte gearbeitet. Innovation und Investitionen haben z. B. Aluminium zu einem Vorreiter in Sachen Kreislaufwirtschaft gemacht. Der Materialeinsatz wurde stetig verringert und dabei wurde trotzdem die volle Produktschutzfunktion erhalten.

Herr Rösgen, welche Vorteile bieten Dosen neben der enormen Recyclingquote noch?

Die Getränkedose ist bekanntermaßen ein Einweg-Produkt. Jedoch gilt das nur für das Produkt Dose selbst, nicht aber für das Material, da es immer wieder eingeschmolzen werden kann und entsprechend wieder für fast alle neuen Anwendungen nutzbar gemacht wird – und das ohne Qualitätsverlust. Was heute eine Getränkedose ist, könnte morgen schon Teil eines Zuges, eines Gebäudes, ein E-Bike oder eben wieder eine Getränkedose werden. Und das innerhalb von nur 60 Tagen. Das nennt man Multirecycling und ist echte Kreislaufwirtschaft. Hinzu kommt, dass recyceltes Aluminium 95 Prozent weniger Energie als Aluminium in der Primärherstellung verbraucht. Der Recycling-Prozess verursacht überdies nur sechs Prozent der Treibhausgasemissionen, die bei der Herstellung aus Primärrohstoff entstehen. Für die Hersteller bringt sie darüber hinaus viele Vorteile: Durch den hermetischen Verschluss ist sie besonders gut für lichtempfindliche Getränke geeignet. Für den Verbraucher ist sie die ideale Verpackung für unterwegs: Am typischen „Zisch“-Geräusch erkennen sie bereits beim Öffnen der Getränkedose, dass der Inhalt absolut frisch ist. Für den Handel sind Getränkedosen einfach zu handhaben. So müssen leere Dosen im Gegensatz zu Mehrweggebinden unter anderem nicht aufwendig sortiert werden.

Herr Rösgen, Kritiker meinen, dass nichtbepfandete Dosen in der Umwelt landen. Wie werden bepfandete und nichtbepfandete Dosen behandelt, gibt es Unterschiede?

Es stimmt nicht, dass pfandfreie Dosen in der Natur landen. Der Verbraucher agiert heute immer umweltbewusster und die Industrie schätzt den Wert des Sekundäraluminiums. So werden entgegen vieler Annahmen auch pfandfreie Dosen in den Kreislauf zurückgeführt. Ob aus Pfandautomat, gelbem Sack, öffentlicher Tonne im Stadtgebiet oder Restmüll: Einzig das Material zählt. Das ist so exzellent, dass noch heute drei Viertel des je auf der Welt hergestellten Aluminiums im Umlauf sind.

Herr Rösgen, welche Innovation rund um die Dose beeindruckt Sie am meisten?

Am meisten beeindrucken mich die hohen Materialeinsparungen, die wir in den letzten zehn Jahren erreicht haben sowie die Tatsache, dass die Getränkedose ohne Qualitätsverlust immer wieder recycelt wird.

Herr Rösgen, Kritiker der Dose führen stets den Energieverbrauch und die CO2-Belastung an. Was sagen Sie dazu, und wie sind die ökologischen Fakten aktuell?

Ein Wertstoff wie Aluminium hat einen großen Vorteil: Er kann nach seinem Gebrauch wieder und wieder für andere Produkte verwendet werden. Recyceltes, also sekundäres Material ersetzt dabei immer mehr neues Primäraluminium und spart in jedem Recyclingzyklus 95 Prozent Energie ein. Im Vergleich zur Neuproduktion beträgt das CO2-Einsparpotenzial 94 Prozent. Mit jeder Tonne Metallverpackungen, die wiederverwendet wird, werden mehr als zwei Tonnen Rohstoffe eingespart. Es ist also sicherlich richtig, dass die Herstellung von Aluminium nicht ohne erheblichen Energiebedarf auskommt. Allerdings bleibt diese Energie im Material eingeschlossen, quasi wie in einem Tresor und kann so im Recycling entsprechend vorteilhaft genutzt werden. Weiterhin ist die Getränkedose beim Transport sehr klimafreundlich. Ein LKW mit Getränkedosen transportiert im Schnitt die doppelte Menge an Flüssigkeiten gegenüber dem Transport von Flaschen.

Herr Rösgen, aktuelle Abfallgesetze stellen hohe Anforderungen. Wieso ist die Aluminiumgetränkedose ein Musterbeispiel einer modernen Kreislaufwirtschaft?

Metalle wie Aluminium und Stahl eint, dass sie nach ihrem Gebrauch fortlaufend als Rohstoff für andere Produkte verwendet werden. Sie befinden sich in einem geschlossenen Materialkreislauf. Man nennt diese Materialien deshalb „permanent material“. Einmal hergestellt, bleibt permanentes Material dauerhaft erhalten – selbst für zukünftige Generationen. Die folgende Zahl macht das sichtbar: 80 Prozent aller jemals hergestellten Metalle sind heute noch im Umlauf! Permanentes Material wird also nicht verbraucht, es wird gebraucht.

Herr Rösgen, wieso halten sich dennoch hartnäckig Vorurteile gegenüber der Aluminiumdose, und warum sind neue Ökobilanzen wichtig?

Sie basieren auf alten Annahmen und mittlerweile veralteten Ökobilanzen, die über 15, ja über 20 Jahre alt sind. In den zurückliegenden zehn Jahren haben die Aluminium-Getränkedosen ihre CO2-Emissionen deutlich reduziert. Das zeigte die Ökobilanz im letzten Mai, die Metal Packaging Europe, der Verband der europäischen Hersteller von starren Metallverpackungen und ihren Partnern in der Lieferkette, erstellt haben. Der CO2-Fußabdruck wurde im Durchschnitt um 31 Prozent reduziert. Außerdem steht unsere Industrie für eine aktuelle Ökobilanz oder Lebenszyklusanalyse (engl. LCA für Life Cycle Assessment) bereit, welche die Umweltwirkungen von Produkten entlang des gesamten Produktions- und Lebensweges untersucht. Aufgrund der enormen Datenmengen, die für eine valide Untersuchung benötigt werden, ist eine LCA nicht nur sehr teuer – es ist zugleich notwendig, dass alle beteiligten Gruppen (Einweg- und Mehrwegproduzenten) ihre jeweiligen Daten zur Verfügung stellen.

Herr Rösgen, welche Potentiale hat die Getränkedose noch zu bieten, woran arbeitet die Industrie gerade?

Neben den offensichtlichen Vorteilen ist sie ein Allrounder aus Aluminium bzw. Stahl für Marken und Produkte. Eine Getränkedose kann vollflächig bedruckt werden und bietet dank ihrer Stapelbarkeit eine einheitliche und aufmerksamkeitsstarke Oberfläche im Supermarktregal. Nicht umsonst werden Getränkedosen oft für Promo-Aktionen verwendet –von Weltmeisterschaften bis zu Filmpremieren. Unsere Industrie arbeitet stetig an einer weiteren Ressourceneffizienz und an einer weiteren Reduzierung unseres CO2- Fußabdruckes.

Herr Rösgen, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Die Dose ist die Getränkeverpackung, die hocheffizient recycelt werden kann. Wer heute zu einer Getränkedose greift, kann sicher sein, dass sie zu 99 Prozent wiederverwertet wird. Und was recycelt wird, schont Ressourcen und die Umwelt. Immer wieder längst überholte Ökobilanzen heranzuziehen, zeigt, dass an Vorurteilen festgehalten wird und neue Fakten unerlässlich sind. Schließlich hat die Industrie in den letzten Jahren viel investiert und mit neuartigen Entwicklungen sehr viel erreicht.

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