Hohe Recyclingquoten – Der Beleg für ein funktionierendes Kreislaufsystem

Jörg Schäfer vom GDA im Interview

Aluminium ist ein Leichtmetall und seine Dichte beträgt nur ein Drittel der Dichte von Eisen. Aufgrund dieser und anderer positiver Eigenschaften nutzen inzwischen viele Industriezweige, darunter das Verkehrs- und Bauwesen, die Elektrotechnik, der Maschinenbau und die Verpackungsindustrie diesen Werkstoff.

Sei es in Fragen der Nachhaltigkeit, des Klimaschutzes oder des ökologischen Fußabdruckes - so weist Aluminium eine hervorragende Leistungsbilanz aus.

Dabei zeichnen sich Aluminiumprodukte wie z. B. Fensterrahmen, Motorblöcke, Folienanwendungen oder Getränkedosen bei der Ressourcenschonung und Energieeffizienz besonders aus. Zwei wichtige Kategorien, die angesichts eines starken Bevölkerungswachstums, des On-the-Go-Konsums und der Ressourcenverknappung eine zentrale Rolle spielen.

Doch wieviel Aluminium benötigen die Deutschen im Jahr und wie kann die Verwendung von Aluminium einen nachhaltigen Konsum unterstützen? Diese und weitere Fragen hat der BGVZ Herrn Jörg Schäfer vom Gesamtverband der Aluminiumindustrie e. V. gestellt.

Jörg Schäfer, GDA

Katrin Barz: Wieviel Tonnen Aluminium werden in Deutschland pro Jahr benötigt und für was werden diese verwendet? Hat sich der Bedarf an Aluminium in den letzten Jahren erhöht?

Jörg Schäfer: In Deutschland werden derzeit über drei Millionen Tonnen Aluminium benötigt. Die Hauptmärkte sind: Automobil 47 Prozent, Bau 14 Prozent und Verpackung 10 Prozent. Danach folgen Anwendungsbereiche wie Maschinenbau und Elektrotechnik. In den letzten fünf Jahren ist der Bedarf an Aluminium um über 10 Prozent gestiegen. Erfreulich sind auch Entwicklungen in Nischenbereichen, wie zum Beispiel Sport und Freizeit, aber auch für Designer wird der Werkstoff in vielschichtigen Anwendungen immer attraktiver.

Katrin Barz: Der Aluminiumindustrie wird immer wieder vorgeworfen, dass sich Rohaluminium nur mit hohem Energieaufwand gewinnen lässt, umso wichtiger ist das Recycling. Welche technischen Fortschritte konnte die Industrie in den letzten Jahren vorweisen?

Jörg Schäfer: In Deutschland existieren vier Aluminiumhütten. Ihre produzierte Menge liegt bei ca. 530.000 Tonnen (2014). Die Aluminiumproduktion der Recyclinghütten liegt bei ca. 600.000 Tonnen (2014). Dies verdeutlicht, dass die Aluminiumproduktion in Deutschland zu mehr als 50 Prozent auf Basis der Recyclinghütten erfolgt. Um deutlich zu bleiben: Deutschland benötigt beide Produktionswege, um den Aluminiumbedarf zu decken. Vor 15 Jahren war in Deutschland das Verhältnis der Produktion von Aluminium „Recyclinghütten zu Aluminiumhütten“ noch umgekehrt. Anders stellt sich die Situation bei Halbzeugen dar, aus denen Endprodukte wie zum Beispiel Dosen entstehen: Bei den Halbzeugen ist Deutschland führend in Europa. Deutschland produziert z.B. für die weltweite Dosenproduktion mehr als eine halbe Millionen Tonnen Vormaterial. Dennoch wird deutlich, dass Deutschland gemessen am Aluminiumbedarf auf Importe angewiesen ist.

Katrin Barz: Herr Schäfer, da bereits zu mehr als 50 Prozent des in Deutschland produzierten Aluminiums aus der Recyclinghütte kommen, wie wirkt sich dieser Fortschritt auf die Material- und Energieeffizienz von Aluminium aus?

Jörg Schäfer: Das Herstellen von Aluminium auf Basis von Schrotten benötigt rund 95 Prozent weniger Energie als die erstmalige Herstellung aus Bauxit. Die erstmals aufgewendete Energie bleibt erhalten und wird beim Recycling wieder genutzt. Hier wird häufig verkürzt von „Aluminium gleich Energiespeicher“ gesprochen.

Wenn eine ökologische Bewertung von Produkten vorgenommen wird, spielt dieser Aspekt eine wesentliche Rolle, denn Ökobilanzen, oder anders ausgedrückt, Lebenszyklusanalysen - als das weltweit anerkannte Instrument für ökologische Produktbetrachtungen - betrachten sowohl die Herstellung des Produktes auf Basis der Produktion des Aluminiums aus Bauxit über die Aluminiumhütten als auch das Recycling, das am Ende des Lebenszyklus des Produktes durchgeführt wird. Die 95 Prozent weniger Energie wirken sich bei den bereits heute hohen Recyclingraten in Deutschland positiv aus. Getränkedosen aus Aluminium werden zu 96 Prozent dem Recycling zugeführt. Wird die Argumentation auf Treibhausgasemissionen übertragen, ergibt sich durch das Recycling ein ähnlich hohes Einsparpotential von rund 95 Prozent.

Aber Vorsicht: Anfragen, die in bestimmten Anwendungen mehr Recyclingaluminium verlangen – nicht zuletzt deshalb, weil die Einsparpotentiale verlockend erscheinen – verfolgen einen falschen Ansatz und sind ökologisch nicht zielführend. Zum einen, weil alles Aluminium irgendwann einmal Bauxit war, und zum anderen, weil die Schrottstoffströme dann mit höherem logistischen Aufwand gezielt in bestimmte Anwendungen gelenkt werden müssen. Zudem stehen global nicht genügend Schrotte zur Verfügung. Die weltweite Aluminiumversorgung besteht zu rund 20 Prozent aus Aluminium aus Recyclingprozessen. Die verbleibenden 80 Prozent müssen über die Aluminiumhütten gedeckt werden. Würde ein Produkt zu 100 Prozent aus Recyclingaluminium hergestellt, müssen vier andere Produkte ausschließlich durch Hüttenaluminium gedeckt werden.

Katrin Barz: Ich habe auf Ihrer Website gelesen, dass rund drei Viertel des jemals produzierten Aluminiums heute noch immer im Einsatz sind und bereits vielfach recycelt wurden. Können Sie dies bitte erläutern?

Jörg Schäfer: Beim Recycling ist die Schrottversorgung der Engpass. Aluminium wird vornehmlich in Produkten mit langer Lebensdauer genutzt, z. B. in Bauanwendungen wie Fenster oder im Automobil. Fenster z.B. haben eine Lebensdauer von teilweise weit über 50 Jahren. So lange muss gewartet werden, bis die Schrotte in den Kreislauf zurückgeführt werden.
Doch zu Ihrer Frage: Seit Beginn der industriellen Fertigung wurden rund eine Milliarde Tonnen Aluminium produziert. Rund 75 Prozent des jemals produzierten Aluminiums sind immer noch in Gebrauch und stehen somit dem Recycling noch nicht zur Verfügung. Schon allein das reicht aus, um zu verdeutlichen, dass der steigende Aluminiumbedarf bei weitem nicht durch Recycling gedeckt werden kann. Wir brauchen das Aluminium der Aluminiumhütten und der Recyclinghütten.

Katrin Barz: Wir sprechen die ganze Zeit über das Recycling. Doch wie hoch sind denn die Recyclingraten in der Aluminium-Industrie?

Jörg Schäfer: Dass das Recycling funktioniert, verdeutlichen die hohen Recyclingraten. Wie bereits erwähnt, im Verpackungsbereich liegen die Recyclingraten bei rund 90 Prozent. Im Getränkedosenrecycling haben wir eine „weltmeisterliche“ Rate von 96 Prozent, im Automobil- und Baubereich rund 95 Prozent.

Diese hohen Recyclingraten verdeutlichen, was zu tun ist, um den Schrottrückfluss und damit die Schrottversorgung zu optimieren. Nämlich über optimierte Recyclingraten wird die Menge des Schrottrückflusses wesentlich mitbestimmt. Dabei ist wichtig: Aluminium ist ein permanenter Werkstoff und kann immer wieder recycelt werden.

Katrin Barz: Aluminium hat unterschiedliche positive Eigenschaften, die einen nachhaltigen Konsum unterstützen. Können Sie mir hierzu Beispiele nennen?

Jörg Schäfer: Die Dose ist einfach zu handhaben. Sie ist leicht und hält den Inhalt frisch. Auf Basis des Gewichtes lassen sich deutliche ökologische Vorteile beim Transport im Vergleich zu schwereren Verpackungssystemen realisieren. Das ist ungefähr so wie bei der Leichtbauweise von Automobilen: Wenn immer Güter bewegt werden, bedeutet „mehr Aluminium = weniger Gewicht, weniger Energie und weniger Emissionen“. Die Getränkedose ist Trendsetter und wird von unterschiedlichen Altersgruppen gern genutzt. Jugendliche oder auch Einpersonenhaushalte greifen gerne zur Getränkedose aus Aluminium. Die Vorzüge von Lebensmittelverpackungen aus Aluminium liegen in den starken Barriere-Eigenschaften des Metalls. Aluminium bietet perfekten Schutz der Lebensmittel vor Licht und Gasen, was die Haltbarkeit der Produkte erhöht. Verglichen mit anderen Verpackungsmaterialien ist es beständiger, leichter und hervorragend für das Recycling geeignet. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass Aluminiumverpackungen nach Ihrer Anwendung den höchsten Materialwert im Vergleich zu allen anderen Verpackungsmaterialien aufweisen.

Noch auf eine Konsumsituation eingegangen: Ein halber Liter Bier aus der Dose stellt für viele Konsumenten eine ideale Ration für das Abendessen dar. Das Dosengewicht von 15 g bzw. 24 mal 15 g sind beim Kauf oder beim Zurückbringen selbst aus dem vierten Stock keine Mobilitätshürde, auch für die Schwächeren unserer Gesellschaft. Wenn eine Dose fällt, gibt es anders als z. B. bei der Glasflasche keinen Scherbenhaufen. Kurzum, das Leichtgewicht Aluminium bietet den Konsumenten ein multi-funktionales Verpackungsmaterial für optimalen Produktschutz und Sicherheit.

Katrin Barz: Was können die Politik, die Industrie und der Verbraucher dazu beitragen, damit Aluminium auch in Zukunft ein nachhaltiger Rohstoff bleibt?

Jörg Schäfer: Was in Deutschland auch durch Impulse aus der Politik als Status Quo erreicht wurde, lässt sich sehen. Zum Beispiel ist die Entwicklung der nationalen Recyclingraten ein Leuchtturm für ganz Europa. Sprunghafte Verbesserungen sind zukünftig schwer realisierbar. Das wären auch Botschaften an die Politik. Wir haben bereits viel umgesetzt und erreicht. „Circular economy“ wird in Deutschland bereits heute gelebt, wie das Beispiel Aluminium seit Jahren beweist.

Die Industrie selbst trägt zum einen durch gezielte Aktionen dazu bei, über die Bedeutung des Recyclings zu informieren und das Bewusstsein der Konsumenten zu schärfen. Zum anderen verdeutlichen beispielsweise Gewichtsentwicklungen der Dose, dass mit immer weniger Material die gleiche Funktionserfüllung gewährleistet ist. Weniger Gewicht ist nicht nur gleichzusetzen mit weniger Ressourcenaufwand, sondern auch mit weniger Energiebedarf beim Transport von Verpackungen. Es ist Aufgabe der Stakeholder, über derartige Aspekte transparent zu informieren und ein entsprechendes Bewusstsein zu fördern.

Dem Konsumenten bleibt die freie Entscheidung, auf sein Lieblingsgetränk, egal in welcher Verpackung, zuzugreifen.

 

Danke, Herr Schäfer, dass Sie sich Zeit für unsere Fragen genommen haben.

Der GDA stellt sich vor:

Gesamtverband der Aluminiumindustrie e.V.

Jörg H. Schäfer, Leiter Recycling und Nachhaltigkeit
Tel.: +49 211 – 4796 – 170
Fax: +49 211 – 4796 – 408

E-Mail: joerg.schaefer@aluinfo.de
Internet: www.aluinfo.de

Der Gesamtverband der Aluminiumindustrie e.V. (GDA) hat seinen Sitz in Düsseldorf. Er ist eine Vereinigung von Aluminiumunternehmen aus Deutschland und anderen Ländern, die Rohaluminium oder Aluminiumprodukte herstellen. Als Branchenverband vertritt er die Interessen einer leistungsfähigen Aluminiumindustrie.

Aufgaben und Ziele des GDAs sind

  • Die ökonomischen, ökologischen und technischen Vorteile des Werkstoffes Aluminium zu kommunizieren und dadurch den Gebrauch des "Werkstoffs für die Welt von morgen" zu erhöhen;
  • Die ökologischen, ökonomischen und sozialen Vorstellungen der Aluminiumindustrie im Sinne der Nachhaltigkeit zu verwirklichen;
  • Den Weg zur Verwirklichung einer nachhaltigen, zukunftsgerechten Entwicklung in der Aluminiumindustrie und im Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen zielstrebig fortzusetzen.

Der GDA und seine Fachverbände vertreten die gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder und damit der gesamten Branche auf allen Gebieten der Aluminiumwirtschaft. Dazu zählen das Sammeln und Aufbereiten von Marktinformationen und Gesetzesvorhaben auf nationaler und internationaler Ebene. Zusätzlich betreibt der Verband Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für die Industrie. Der GDA ist darüber hinaus Kooperationspartner und ideeller Träger der weltweit größten Aluminium-Messe ALUMINIUM.

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